Als Veejay auf Tauchstation

Der Beruf des Journalisten hat Nebenwirkungen. Ständig mäandern private Interessen in den Themenpool hinein, bis irgendwann Hobby und Beruf miteinander verquickt sind. So bin ich begeisterter Sporttaucher und es war nur eine Frage der Zeit, bis ich auch anfing, unter Wasser zu filmen. Im Herbst 2017 legte ich mir dafür eine GoPro HERO 5 zu, die nach einigen Testläufen bei zwei Filmbeiträgen zum Einsatz kam, einer über Apnoe und der andere über Ostseewracks. Weitere Produktionen sind für diese Saison in Planung.

Das macht mich nicht zum Unterwasserfilm-Experten, aber für andere Veejays, die auch mal abtauchen wollen, sind meine Erfahrungen vielleicht von Interesse.

Warum GoPro?

Wer nach einer Unterwasserkamera sucht, hat eine Riesenauswahl, von professionellem Gerät in sündhaft teurem Gehäuse bin hin zu Billigware für unter 100 Euro. Was Letztere angeht, sprechen die Bewertungen bei Amazon und Co eine deutliche Sprache, Bild- und Verarbeitungsqualität sind oft unzureichend. DSLRs oder gar Proficamcorder mit Unterwassergehäuse wären hingegen Overkill, sowohl preislich als auch von der Masse her. Schließlich hat man bei so einer Produktion als Einmann-Team schon mehr als genug Gepäck, nämlich Tauchausrüstung plus das Überwasser-Equipment. Die GoPro HERO5 Black (mittlerweile gibt es Version 6) erschien mir als guter Kompromiss, weil sie auch an Land nutzbar ist, vor allem in Verbindung mit dem Gimbal des Herstellers, dem Karma Grip. Man kann Sie sogar an GoPros Karma-Drohne hängen.

Was man noch so braucht

Die Gopro 5 ist zwar laut Hersteller auch ohne Gehäuse bis 10m Tiefe wasserdicht, aber darauf möchte ich es bei einer 500-Euro-Kamera nicht ankommen lassen. Ich setze sie deshalb grundsätzlich mit dem optionalen Unterwassergehäuse (Super Suit) ein. Benötigt werden zudem eine Rig sowie zwei Unterwasserleuchten. Ich habe mich für Produkte von Cody Gear entschieden, nicht aufgrund intensiver Recherchen, sondern einfach weil der Tauchshop meines Vertrauens sie im Angebot hatte. Die Codylights bringen jeweils 1.500 Lumen und halten bei sparsamem Gebrauch problemlos zwei Tauchgänge durch. Hinzu kommt Kleinkram, der aber auch ins Geld geht. Klemmen, um die Leuchten mit der Rig zu verbinden, Silikatkissen, um Kondenswasser im Kameragehäuse aufzufangen, Silikonfett für die Dichtungen an den Leuchten und nicht zuletzt: Ein Spiralkabel mit Karabinerhaken, um die Kamera am Körper, bzw. dem Jacket zu sichern und zwar während des gesamten Tauchgangs. Da es immer mal wieder Situationen gibt, in denen man die Sicherung lösen muss (zum Beispiel vor dem Einstieg in ein Schlauchboot), habe ich zusätzlich eine Handschlaufe angebracht.

Für das ganze Zeug benötigt man eine Transportlösung, in meinem Fall eine umgebaute Werkzeugbox aus dem Baumarkt. Rückblickend war das die einzige Fehlinvestition, hätte ich doch für ähnlich viel oder wenig Geld eine gute Tasche speziell für Actioncams bekommen. Mehrere Hersteller bieten solche Produkte an.

Diverse Filter für den Über- und Unterwassereinsatz runden die Ausrüstung ab. An Land sind ND-Filter ohnehin ein must have, denn die GoPro hat keine Irisblende. Die Belichtung wird über Gain/Iso und Belichtungszeit reguliert, was bedeutet, dass man bei Tageslicht und ohne Graufilter schnell auf Verschlusszeiten im dreistelligen Bereich kommt – inklusive unschöner Shuttereffekte. Ich habe mir einen Satz preiswerter ND-Aufsteckfilter besorgt, die zwar nur mittelrobust sind, aber ihren Job tun. Unter Wasser sollte man einen Magentafilter dabei haben, wenn man in heimischen Gestaden dreht, wo die Gewässer oft grünlich sind. Wer in Blauwasser filmt, braucht hingegen einen Rotfilter, um Farbstiche zu vermeiden.

Die Kosten für diese -nach professionellen Maßstäben höchst bescheidene- Ausrüstung summierten sich auf 1.500 Euro. Klingt nach viel, ist aber relativ zu sehen. Noch vor wenigen Jahren wäre Equipment, das eine vergleichbare Bildqualität (bis 4K) liefert, mehrfach so teuer gewesen.

Im praktischen Einsatz

Vor dem Filmen unter Wasser kommt -genau- das Tauchen selbst. Erst nach rund 80 Tauchgängen fühlte ich mich bereit, eine Kamera mitzunehmen. Nun muss man nicht Jacques Cousteau sein, um gute Aufnahmen hinzubekommen, aber das Tarieren und sonstige Grundfertigkeiten sollte man schon sicher beherrschen. Wer unkontrolliert wegsackt, aufsteigt oder abtreibt, während er im Menü der Kamera herumfummelt, gefährdet nicht nur die eigene Gesundheit, sondern auch die des Tauchpartners.

Überhaupt ist exzessive Fummelei am Gerät beim Tauchen kontraproduktiv, wobei die GoPro für eine Actioncam hier viele Möglichkeiten bietet. Man kann die Iso manuell einstellen, den Blickwinkel, den Weißabgleich und vieles mehr. In der Praxis hat es sich bei mir bewährt, die Iso auf 800 festzutackern, die Belichtungszeit auf 1/50 bei 25 B/S und den Blickwinkel auf „Wide“. Den Weißabgleich überlasse ich der Automatik, wobei es hilft zu wissen, dass die GoPro manchmal einige Sekunden braucht, bevor sie die richtige Farbtemperatur einstellt. Man kann ihr dabei helfen, indem man die Linse auf ein helles Objekt richtet, zum Beispiel Sand auf dem Grund. Noch besser ist natürlich eine weiße Schreibtafel, die der Buddy mitführt.

Was das Farbprofil angeht, bietet die GoPro 5 zwei Optionen, „GoPro“ und „Flat“. Erstere liefert den klassischen, prallen Look, während die zweite eine Art Log-Profil simuliert. Theoretisch hat das Charme, doch praktisch liefert das Material recht wenig Spielraum für die Farbkorrektur, zumindest bei Lowlight. Das mag am kleinen Sensor liegen, am Codec oder an beidem, jedenfalls belasse ich den Farbraum beim Tauchen auf Werkseinstellung.

Filterfragen

Ohnehin wichtiger als das Farbprofil ist der richtige Einsatz des Magentafilters und der Leuchten. Man findet dazu kontroverse Ansichten, und hier kommt meine:

Im Flachwasser und bei Tageslicht schaden sowohl Leuchten als auch Filter mehr, als sie nützen. Doch ab drei Metern bis ca. zehn Meter Tiefe macht der Einsatz des Magentafilters in heimischen Gewässern Sinn, denn dann wird’s im Wortsinne grün. Wer glaubt, er könne den Farbstich später in der CC wegfiltern, wird schnell ernüchtert sein. Auf dem Y/C-Display des AVID präsentiert sich grünstichiges Material so wie auf dem Bild unten als kompakte Wurst, die gegen Korrekturen weitgehend resistent ist. Grobe Farbstiche sollte man also besser von vornherein vermeiden.

Etwa in zehn Metern Tiefe beginnt eine Art Zwischenbereich; einerseits wird es nun dunkel, so dass der Einsatz der Leuchten notwendig werden kann, andererseits produziert das Restlicht weiterhin einen Grünstich, der nach Magentafilter ruft. Kann man beides kombinieren? Die Codylights haben mit 5.500 Kelvin ein tageslichtähnliches Spektrum, das der automatische Abgleich der Gopro in Verbindung mit dem Filter gerade noch bewältigt, selbst wenn es hier und da zu Farbstichen kommt (siehe Bild). „You can get away with it“, sagen wir mal so, zumindest bis es weiter unten richtig dunkel wird. Dann muss der Filter allerdings weg und die Leuchten haben ihren Soloauftritt.

Was noch zu beachten ist

Der Ton natürlich. Das eingebaute Mikro der GoPro kann man an Land getrost vergessen, unter Wasser funktioniert es paradoxerweise gut: Das typische Rauschen, Glucksen und die Blubbergeräusche eines Tauchgangs fängt es zuverlässig ein.

Ansonsten gleicht die Kameraarbeit im Wesentlichen der an Land, mit dem Unterschied, dass kein Zoom zur Verfügung steht. Die Distanz zum Motiv muss bewusst variiert werden, um verschiedene Einstellungsgrößen zu bekommen, sonst ist ein dröges Medley aus Halbtotalen die Folge. Auch hilft es, vor dem Tauchgang Zeichen für Regieanweisungen abzusprechen. „Vorgang wiederholen“ zum Beispiel oder „Einstellung im Kasten“. Abgesehen davon bieten sich Möglichkeiten, die sonst nur mit Hilfe von Drohnen, Gimbals oder aufwändiger Bühnentechnik zur Verfügung stehen. Man kann unter oder über Objekten hinwegfliegen und saubere Fahrten produzieren. Der Nachteil dabei: Man ist versucht, ständig herumzufahren, schon weil es beim Tauchen deutlich einfacher ist, in Bewegung zu bleiben als einfach nur reglos zu schweben. Als Veejay/Kameramann sollte man sich aber dazu zwingen, sonst ist der Frust beim Schnitt programmiert. Nicht zuletzt gilt: Den Stabi der Kamera ausschalten! Er frisst Auflösung und ist unter Wasser unnötig.